Navigationen, 4. Jg. 2004, Heft 1/2, S. 187-198

1984: Etablierung der On-Air-Promotion

Die planmäßige Erstellung von Trailern im Rahmen eines Gesamtkonzeptes ist zunächst nicht auf die Gründung privater Fernsehanstalten zurückzuführen, sondern ging von der ARD aus.

Waren die Programmhinweise zuvor auf "sterile Tafeln, schlichte Ansagen und inhomogene Trailer"[59] beschränkt, so änderte sich dies mit dem 1.10.1984, dem Tag, an dem das neue ARD-Design eingeführt wurde, das im Wesentlichen so bis heute "Das Erste" prägt.[60] Im neuen Präsentationskonzept waren homogen gestylte Einzeltrailer ganz wesentliche Bestandteile. Mit der Einführung der "allgemeinen ARD-Kennung" hat sich zugleich die Anzahl der Trailer im ARD-Gemeinschaftsprogramm verdreifacht.[61]

Die erste planmäßige Erstellung und nennenswert größere Zahl von Fernsehtrailern ist demnach also gekoppelt an den Beginn einer neuen Epoche im deutschen Fernsehdesign, eingeläutet durch den Einsatz der 3D-Computeranimation.

Mit der ARD-Eins, dem ersten "Flying Logo" im deutschen Fernsehen, begann 1984 die Faszination am digital Machbaren im TV-Design. Dem folgte 1987 das ZDF mit einer Animation seines Logos.

Anfang der 90er Jahre bestimmte die "kühle, gleitende Weltraumästhetik vieler Computeranimationen"[62] die Diskussion um das "gute Fernsehdesign", wie Günther Rambow polemisch bemerkt: "Im Fernsehen gar ist der intergalaktische Sternenkrieg voll entbrannt. Die visuellen Vernebelungen ziehen wie Opiumschwaden durch Wahrnehmung und Bewußtsein der Zuschauer."[63]

Entsprechend dem Chrom- und 3D-Look legten beispielsweise ProSieben (bis 1996), SAT.1 (bis 1995) und 3sat (bis 1993) ein äußerst graues Erscheinungsbild an den Tag.

Abb. 5: Station-ID 3sat 1989                              Abb. 6: Station-ID Pro7 1989                             Abb. 7: Genre-ID "Kultur" Pro7 1993
         

Erst Mitte der 90er Jahre zog – angeregt durch RTL und dessen Chefdesigner Manfred Becker – mehr Farbigkeit in das TV-Design ein. Mit der Kommerzialisierung des Fernsehens hat sich Design als Konzept der Programmgestaltung im Fernsehen etabliert.[64]

Die On-Air-Promotion ist hierbei Teil des TV-Designs, wie auch umgekehrt Design Teil der On-Air-Promotion ist, da Trailer-Opener und -Packshots wesentliche Elemente eines Design-Packages sind.[65] Während früher das Fernsehdesign eine Angelegenheit der hauseigenen Grafik-Abteilung war, zählt heute Fernsehdesign zu den Aufgaben eigener Präsentationsredaktionen bzw. On-Air-Promotion-Departments.

1987 gründete SAT.1 als erster deutscher Sender eine eigene Abteilung für Programm-Promotion, in der Trailer erstellt wurden.[66] Kurz darauf zog RTL nach und gliederte die Trailerproduktion in die Art Direction ein.[67]

Die erste Präsentationsredaktion der ARD-Anstalten wird 1990 im Südwestfunk eingerichtet. Im gleichen Jahr werden auch im 3. Fernsehprogramm des WDR regelmäßig Trailer eingesetzt. Vor 1990 hatten West3-Trailer noch eine sehr marginale Bedeutung, wie der bis 1996 für die Konfektionierung der Trailer zuständige WDR-Sendeleiter Ralf Wodtke betont: "Früher war es so: Wenn ich nicht da war, wurden keine Trailer produziert."[68]

Am 1.4.1992 nimmt die Trailerredaktion der ARD in Saarbrücken ihre Arbeit auf.[69] Zweieinhalb Jahre später folgte das ZDF mit Gründung der Abteilung Programm-Marketing, die für die Produktion der Trailer und Senderkennungen verantwortlich ist.[70]

Die Präsentation in den Fugen der Programmstruktur versteht sich hierbei vor allem als Abgrenzungsstrategie, als Bemühen der Sender, sich im Bewusstsein der Zuschauer hervorzuheben.

Im Mittelpunkt des Designs standen und stehen immer wieder geometrische Grundformen, wie bei RTLplus (von 1988 bis 1992 Kreis, Dreieck, Quadrat), SAT.1 (seit 1988 ein runder Ball), ZDF (1992 bis 2001 Ring und Kreis; seit 2001 nur noch ein Kreis), ProSieben (seit 1996 ein Viertelkreis mit Balken/Rechteck) oder 3sat (seit 2003 ein Quadrat).

In den letzten Jahren zeigt sich sowohl bei den Logos/Signets als auch im TV-Design allgemein ein Trend zur "Vereinfachung". Da TV-Design dem Zuschauer emotionale Orientierung bieten soll, unterliegen die Designinstrumente dem Zwang, allgemein verständlich zu sein. Ursprüngliche Designformen, wie die Raute beim Dritten Programm des Bayerischen Fernsehens oder ein oranger Kreis beim ZDF, verdrängen daher zu komplizierte und nicht mehr nachvollziehbare Designformen, wie der Leiter ZDF Corporate Design Alexander Hefter bestätigt: "Unser davoriges Logo mit den zwei Kreisen und der Kugel in der Mitte wurde einfach nicht mehr verstanden."[71] Der Trend zu einfachen Designformen hat aber auch wirtschaftliche und produktionstechnische Gründe.  

 2001: Die Wende zur neuen Einfachheit

 

Anmerkungen

[59] N.N.: Die Eins und Freundin Antje auf dem Bildschirm. Bilder und Konzepte öffentlich-rechtlicher CI-Strategien für ARD und NDR. In: Der Kontakter vom 24.6.1985, S. 4.

[60] Vgl. ARD (Hrsg.): Das neue ARD-Design. 3. Aufl. Köln, München 1989.

[61] Vgl. N.N.: Die Eins und Freundin Antje auf dem Bildschirm. A.a.O., S. 4.

[62] Vgl. Adolph, Jörg: "Wie Vorhänge im Theater oder Die lange Zeit des Nichts im gesendeten Programm." Öffentlich-rechtliche Programmpräsentation – Entwicklungslinien beim ZDF und Seitenblicke zur ARD. In: Hickethier, Knut; Bleicher, Joan (Hrsg.): Trailer, Teaser, Appetizer. A.a.O., S. 93-124, hier S. 118.

[63] Rambow, Günter: Modell hessen 3. Frankfurt a.M. 1991, S. 33.

[64] Hickethier, Knut; Bleicher, Joan: Fernsehdesign oder Die Büchse der Pandora. A.a.O., S. 10.

[65] Vgl. ProSieben Television (Hrsg.): ProSieben Design Manual. Unterföhring 2001, S. 32f.

[66] Vgl. . Turic, Mario: Programm-Präsentation. A.a.O, Anhang, S. 53.

[67] Vgl. Schley, Kristen: Eigenwerbung als Kunstform. In: Die Welt vom 3.2.1995, S. 9.

[68]  Wodtke, Ralf (Redakteur WDR-Präsentationsredaktion): Interview mit Tristan Thielmann und Torsten Truscheit. WDR Köln, den 16.9.1996.

[69] Vgl. Pitzer, Sissi: Witzig und leicht ironisch sollen die Trailer sein. In: Frankfurter Rundschau vom 20.12.1993, S. 12.

[70] Vgl. N.N.: Geballtes Werben um jüngeres Publikum. Das ZDF hat sein Programm-Marketing vereinheitlicht. In: Funkkorrespondenz, Nr. 3/1995, S. 4-6.

[71] Vgl. Thielmann, Tristan: Immer am Ball bleiben! Zur Entwicklung von Design und Markenkommunikation der TV-Sender. In: Funkkorrespondenz, Nr. 37/2001, S. 9-13, hier S. 13.

 



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